Dienstag, 1. April 2014

402b – Viertens – KAPPA 2.3 - 2.6

Unter-KAPPA 2.3.5. Die Suche am Strand, die Kinder von Pavitr´landi

Nicht nur das Meer hat sich in unseren Seelen und Gedanken eingenistet. Wir Menschen in der Gruppe sind einander so nahe gekommen, daß wir uns wie Geschwister vorkommen. So nahe und bei solchen Gefahren zusammen auf einem kleinen Schiff zu leben, das bringt einander nahe. Drei Tage nach dem Sturm kommen wir in Abyssál an. Schon vorher hatten wir das Schiff aufgeräumt, wie es sein muß. Lange saßen wir alle zusammen und räumten auch unsere Gedanken auf und machten Notizen – aus meinen Notizen ist dieser Bericht entstanden.

Jemand hatte den Gedanken, daß der Sturm vieles an die Strände angeschwemmt haben muß. Wir gingen am nächsten Tag los um zu sehen, was es da gab. Wir teilten uns in drei Gruppen. Gondas, Ermini und Anandi sollen die Gruppen organisieren und anführen. Die Gruppen:


>>Kranandi, zweite Zeichnerin, Granina, die stille Fischerstochter
aus dem Umbrár, Gondas, der Ältere, und Aryaman, der Autor
dieses Berichtes. Wir fahren mit einem Mietboot hinüber
auf die Khand-Insel und wandern entlang des Strandes
südwestwärts.

>>Ermini, die Malerin, Amani, die Erforscherin der Tiere im Meer,
Masna, die Ghân, und Pariman, der Denker wandern
südwestwärts von Abyssál am Strand entlang.

>>Anandi, die Kartenzeichnerin, Randai, die Architektin, Gonfalas,
Gondas´Sohn, und Mainot, der Techniker. Diese vier
fahren mit einem Mietboot an den Strand von Ghanorinth,
dort wo wir vor zwei Jahren unsere
erste Vorbereitung hatten.


Granina ist wie ich Mitte zwanzig. Wir hocken auf dem Deck des Fährbootes einander gegenüber und sehen uns in die Augen. Auf der Sturm-Reise erlebten wir beide, nebeneinander auf einem Lukendeckel sitzend, wie das Wasser uns übersprühte und Haare und Kleidung durchnäßte, salzig durchnäßte. Mit einer Hand hielten wir uns fest, mit der anderen hielten wir uns zusammen. Es war zwar warm, doch durch die Nässe froren wir etwas. Granina ging schließlich und machte für alle ein heißes Getränk. Ihre Haare lösten sich im Sturm und umwehten ihren Kopf, den ganzen Oberkörper. Als sie wieder neben mir saß, wickelten wir uns beide in ihre Haare. Meine sind kurz geschnitten und taugen nicht als Sturm-Schutz. Es gab nichts zu tun, und wir gaben uns ganz unserem Zusammensein hin. Nun, auf dem Fähr-Deck hockend kommen mir Tränen vor Freude. Ich liebe es immer wieder, mit einer Frau zu sein. Dieses Gefühl durchläuft meinen ganzen Körper und ist meine Lebensart. In ihre Augen sehend weine ich, sie nimmt mein Gesicht zwischen ihre Hände und hält es ganz nahe an ihres. Oh, diese Nähe!

Granina ist wie verschmolzen mit dem Meer und seinen Stürmen und Stillen. Sie ist zu uns gekommen, weil sie das Meer und seine Bewohner liebt, und weil sie uns in diese Erlebnisse hineinführen will. Mit ganzem Leib und ganzer Seele gibt sie sich in diese Aufgabe hinein. Ohne die Begegnungen mit Granina, der stillen Fischerstochter, würde ich das Wasser nicht so tief erleben.

Wir sehen Gondas, wie er mit der jungen Kranandi, zweite Zeichnerin, eine ähnliche Nähe erlebt wie Granina und ich. Kranandi hockt auf seinem Schoß, wie er mit übergeschlagenen Beinen an Deck sitzt. Auch sie sehen einander in die Augen, und vieles geschieht da.

Nach 4 Meilen Fahrt erreichen wir am nächsten Tag die Insel Khand westlich der langen West-Bucht. Neben Notizbüchern tragen wir Gerätschaft für´s Aquarellmalen, Essen und Trinken und Decken für die Nacht mit uns. Am Strand finden wir tatsächlich vieles, das der Sturm angeschwemmt hat. Tote Vögel, Fische, Krebse und andere Wesen, von denen wir nicht einmal recht wissen, ob es Tiere, Pflanzen oder anderes sind. Auch liegen da Baumstämme, Zweige, Bündel von Schilf, eine ganze Schiffsladung mit Säcken voller naß gewordenem Reis – ist wohl über Deck gespült worden – liegt am Strand aufgereiht ... Das flußwärtige Ende der Insel liegt sieben Meilen entfernt, das können wir unmöglich bewandern. So gehen wir nur zwei Tage an den Stränden entlang und kehren dann um.

Immerhin bekommen wir ein Gefühl dafür, was es alles auf dem Wasser gibt - und einiges, was im Wasser ist.

Doch je weiter wir nach Westen wandern, desto mehr Dinge sind aus dem Meer angespült. Von den Lebewesen, die wahrscheinlich aus dem Meer stammen, machen wir schnell Skizzen, zu denen Kranandi uns anleitet. Für sie allein wäre das zu viel. Es liegen da auch schöne Schneckenhäuser, Muscheln, Korallen und anderes. Ab und zu nimmt jemand ein Stück um sich damit zu schmücken – wir hocken uns im Kreis um das Stück und bitten erst das Meer und dann das Teil, das wir mitnehmen möchten, uns Genehmigung zu geben. Granina besteht auf diesem Ritual, denn sie sagt, eigentlich gehört uns das doch nicht, wir müssen doch nicht alles mitnehmen, wir sind keine Hamster, die das Korn sammeln, weil sie sonst im Winter verhungern müssten.

Ganz weit im Südwesten – am zweiten Tag – sehen wir auf dem Strand etwas Großes liegen, wahrscheinlich ein Boot. Uns rennen Leute entgegen, die von dem Boot kommen, sieben Kinder um 11 und 12 Jahre. Sie sind mit dem Boot gestrandet. Ihre Kleider sind zerrissen, und sie bitten zuerst nach Wasser und etwas zu essen. Wir fragen, doch mehr Leute waren nicht im Boot. Sie sind vom Sturm gestrandet worden. Nun kehren wir um und gehen so schnell wie es geht zurück zu unserem Boot. Eine Nacht müssen wir noch hier bleiben, der Weg ist zu weit. Vom Strand sammeln wir Holz und machen ein großes Feuer, damit sich alle aufwärmen können.

Die Kinder erzählen uns ihre Geschichte. Sie waren ausgesegelt, um Balnkalden zu sammeln, die nur auf der Balnkasen wachsen. Ihr Bericht ist aber sehr unklar, außerdem hatten wir noch nie davon gehört. Deswegen zitiere ich aus Marthén´s Buch über seinen Besuch bei den Pavitrani-Tempeln:


>>Ein leichter Duft streicht durch die Bäume, ein unbekannter
süßer Duft; die anderen sagen, das seien Räucher-Kräuter,
die sie Balnkalden nennen. Die Kräuter wachsen nur auf
der Insel Balnkasen, die weit draußen im Meer liegt.

>>Nur Kinder bis zwölf Jahren dürfen die Balnkalden ernten, ja
nur sie dürfen überhaupt zu der Insel segeln. Keine
Erwachsenen dürfen auch nur auf dem Boot sein.
Anderenfalls werden die Balnkalden entweiht, und
dann macht ihr Duft die Menschen verrückt. Das kann
aber niemand am Duft unterscheiden – also weißt du nie,
ob du bei diesem Duft verrückt wirst oder seine
Segnungen erfährst. Und für die Kinder ist das sehr
schwer, obwohl sie im Segeln geübt sind.
Schon manches Mal mußten sie umkehren oder sind
gekentert und waren verloren.

>>Die Balnkalden werden nur in den Tempeln von Pavitrani
gebrannt. Und manche sagen, wer den Duft in seiner
reinen Form lange einatmet, wird selbst ganz rein
– also ganz frei.
.


Sie sind von einem Dorf los gesegelt, das den Balnkasen gegenüber liegt. Ihr Dorf heißt etwa Pavitr´landi (genau ist das nicht zu verstehen) und ist eigentlich ein kleines Fischerdorf, doch diese uralte Aufgabe, die Balnkalden zu holen, üben die Leute auch aus. Nun sind die Kinder sehr verwirrt, mit dem plötzlichen Sturm hatten sie nicht gerechnet, und sie wissen nicht, wie sie nach Hause kommen können, sie wissen nicht, wo sie sind. Sie hoffen, daß sie mit uns mitreisen dürfen. Auch sprechen sie eine Sprache, die nur Granina versteht.

Sie scheinen zu demselben Volk zu gehören wie die Leute, die wir am Südende des Alan Kala-Ben getroffen hatten. Ihre Haut ist dunkelbraun, und die Haare sind schwarz und lang. Als sie abreisten, trugen sie lange dunkelblaue Hemden – wie die Pavinen –, doch davon sind ihnen nur noch Fetzen geblieben.

Wir sitzen am Feuer, wir haben den Kindern Kleidung umgewickelt, und ihnen scheint es nun sehr gemütlich zu sein. Nach einiger Zeit beginnen sie leise zu singen, Lieder, in denen von Booten erzählt wird, von den Fischen und anderen Meerestieren, von den Stürmen und den schönen Abenden am Strand, wenn sie am Morgen die Sonne über dem Meer aufgehen sehen, wenn zur Tag- und Nachtgleiche die Sonne hinter dem Berg der Balnkasen erscheint.

Am nächsten Abend gelangen wir nach Abyssál. Ein paar Tage später finden wir durch Granina´s Mühen ein Fischerboot, das die Kinder in ihr Dorf zurück bringt. Sie waren noch gar nicht auf den Balnkasen gelandet und kommen nun mit total leeren Händen zurück. Zum Ausgleich erzählen wir, wo wir vor zwei Jahren unser Boot versteckt hatten, sie können´s nun nehmen, wenn es noch da ist. Später hören wir, daß sie das Boot tatsächlich gefunden und übernommen haben.

Die beiden anderen Strandforscher-Gruppen kamen auch bald. Das Ergebnis unserer Suche war reich: viele angeschwemmte und gestorbene Tiere und einige Pflanzen haben wir gesehen, notiert und gezeichnet. Ermini hat auch vieles gemalt, doch eher skizzenhaft, da sie so viel fand.

Die Gruppe um Anandi war ja in der Nähe von Pavitr´landi gewesen und hatte von dem Verlust der Kinder gehört. Die Dorfleute hatten schon mit den Vorbereitungen für ein großes Trauer-Ritual begonnen, denn sie hatten keine Aussicht mehr, ihre Kinder wieder zu sehen. Wie Gonfalas erzählte, wird für jedes Kind ein hoher Turm von Blumen errichtet, der in einem Feuer verbrennt. Nach dem Verbrennen des Turmes haben die Angehörigen das Gefühl, als sei nun eine Lebensphase zu Ende gegangen, und die Seele der Verstorbenen kann nun in ein neues Leben eintreten, nämlich wieder im selben Dorf.





KAPPA 2.4 Technische Ideen und Vorbereitungen


Ein paar Tage nach der Heimkehr treffen wir uns in einem sehr nüchternen Raum im Haus der Akademie:

Zuerst macht Pariman klar,
>>Wir können das, was wir finden und erkennen, in bunten Bildern
und Zeichnungen darstellen. Doch ich denke, wir müssen
ganz klar machen, daß es für unser Verstehen auch gut ist,
wenn wir Zahlen benutzen.

>>Zahlen sind etwas ganz Eindeutiges und Klares. Sie sind klarer als
Gemaltes. Gemaltes bringt uns näher an die Natur, mit Zahlen
aber können wir die Natur sozusagen in kleine, regelmäßige Kästchen
einteilen. Vielleicht gibt das dem Blick auf die Natur
mehr Übersicht.

>>Beide Methoden sind gleich wichtig. Genauso wie Frauliches
und Männliches gleich wichtig sind. Mir scheint es, daß Frauliches
für Bilder, Männliches für Zahlen steht. Erst die Verbindung
oder Verschmelzung beider gibt uns die ersten wahren
Einblicke in die Natur. Oder die Vereinigung – so wie erst die
Vereinigung von Fraulichem und Männlichem das
wahre Menschliche ergibt.


Mit den Anregungen von Mainot beginnen wir die Überlegungen über die Techniken, die wir benutzen wollen. Mainot beginnt die erste Versammlung mit folgenden Worten, die niedergeschrieben und dem König gesandt werden:

>>Die Königin und der König von Krinaniath und den Vereinigten
Reichen von Aklanpa gaben uns den ehrenvollen
Auftrag, den großen Fluß Geroner von Ekro Krinath
bis in die Krinische Bucht (Bucht von Ghanorinth)
hinein zu erforschen. Der Sinn ist einmal, für unser
Königshaus und für das Reich die Kenntnis zu verbreitern
und zum anderen, die Grundlagen zu schaffen für die
späteren Verbesserungen dieses Flußabschnittes für eine
Schiffahrt mit größeren Schiffen (Fachausdrücke 5: 10).

>>Besonders der Königin ist es sehr wichtig, daß keine Maßnahmen
ergriffen werden, die einseitig nur einem Zweck
dienen und dabei andere berechtigte Interessen der
Untertanen ihrer Majestäten und der Natur schädigen.

Eine der Frauen ruft dazwischen

>>He, hör mal auf, rede doch nicht so schwülstig, komm
zurück auf deine Füße, sonst redest du doch nicht so!

Mainot fährt fort:
>>Ja, du hast recht, ich lebe noch immer in einer alten Zeit.
Verzeiht mir.

>>Doch die Aussagen von Königin und König müssen so
stehen bleiben.

>>Wir wurden beauftragt, eine Forschergruppe zu gründen, die aus
gleichen Anzahlen Frauen wie Männern bestehen soll.
Wir sind jetzt sechs Frauen und fünf Männer.
Es sieht so aus, als ob wir gut miteinander arbeiten können.

>>(Natürlich kann ich nicht erwähnen,
daß unsere Gefühle uns so nahe zusammen gebracht haben)

Wieder ruft eine Frau – es ist Amani – dazwischen:

>>Das ist aber sehr unpassend, glaubst du denn, das Herrscher-
paar kennt keine Gefühle? Und glaubst du, daß ihr eigenes
Leben nicht von Gefühlen geprägt ist? Woher sonst
könnte ihr politischer Erfolg und ihre Güte kommen?

Allgemeine Zustimmung. Mainot fährt fort:

>>Ja also, dann schreibe ich das noch rein, etwa so, statt des
letzten Satzes:

>>Wir arbeiten gut miteinander und sind uns durch das
gemeinsame Erlebnis einer Sturmfahrt in der
Krinischen Bucht sehr nahe gekommen. Im Sinne
unserer Aufgabenerfüllung ist besonders
hilfreich, daß sich Frauen und Männer nicht nur sachlich
sondern auch in ihren Gefühlen in leichter Weise
austauschen. Unsere Gruppe ist dadurch offen geworden
für die feinsten Erscheinungen in der Natur,
außerdem leben wir nahezu
ego-los zusammen.

>>Bis jetzt haben wir einfach nur die Gegend kennen gelernt sowie
einige Tier- und Pflanzenformen. Und wir haben
schon einige Male gemerkt, daß wir Einrichtungen und
Methoden brauchen, mit denen wir messen können, mit
denen wir gesammelte Tiere und Pflanzen lebendig
nach Hause bringen können, um sie hier zu
untersuchen. Und wir benötigen geistige Methoden zur
Forschungsplanung und zur
Darstellung unserer Ergebnisse.

>>Wir brauchen ein Schiff – oder zwei – und wir brauchen ein Haus,
in dem wir arbeiten und später auch lehren können.
Der König hat so viel Interesse an diesem Auftrag gezeigt,
daß er uns gut mit Mitteln versehen will.

>>Nun zu den Geräten. Ich zähle mal auf, was mir während unserer
Fahrten einfiel:

1) eine Reihe von Schildern am Ufer, auf denen die Entfernungen in
1-Meilenschritten von Ekro Krinath ganz groß
geschrieben stehen. Zum Beispiel vom Hafen aus.

2) ein Archiv, in dem die Aufzeichnungen für uns alle zugänglich
aufbewahrt werden. Und ein Archivarin oder ein
Archivar, der das Archiv verwaltet und die
Aufzeichnungen ordnet.

3) ein Gerät, mit dem wir Wasser sammeln können, nicht nur
von der Oberfläche (da würde ein Eimer reichen) sondern
auch aus der Tiefe – da schlage ich vor, daß es an einem Seil
mit einem Gewicht hängt, an dem Marken sind, von denen
wir die Wassertiefe, in der das Gerät gerade ist, ablesen.
Das Gerät selbst könnte aus einer Glasflasche bestehen,
die mit einem Korken verschlossen ist, innen ist Luft; am
Korken ist ein weiteres Seil angebracht, an dem man vom Schiff
aus zieht, um Wasser in die Flasche strömen zu lassen.
(Fachausdrücke 5: 26)

4) ein Gerät, mit dem wir Sand und dergleichen vom Grund sam-
meln können. Es muß auch an einem Seil hängen, an dem
Marken sind, von denen wir die Wassertiefe, in der das Gerät
gerade ist, ablesen. Hier habe ich noch keine gute Idee, doch so
etwas wie eine Schaufel müsste es sein.

5) ein Gerät, in dem wir abschätzen können, wie durchsichtig das
Wasser ist. Ich denke einfach an ein Glas. Hinter das
Glas könnten wir ein von Ermini zu malendes Bild halten,
auf dem verschiedene Farben des Wassers aufgemalt sind.
Wir vergleichen dann Wasser und Bild und wissen, welche
Farbe das Wasser hat.

Pariman, unser Denker, macht den Einwurf:
>>Du verwechselst Farbe und Durchsichtigkeit (Fach-
ausdrücke 5: 27). Die Durchsichtigkeit ist für uns wichtig.
Die Farbe aber können wir einfach erkennen indem wir auf
den Fluß sehen. Ermini´s Bild müsste mehrere Felder haben,
die verschieden grau sind und mit Namen oder Zahlen
bezeichnet sind. Neben diese Felder halten
wir das Glas, hinter dem Glas muß ein weißes Feld sein
– oder eines, das wir erst noch ermitteln müssen.

Mainot stimmt Pariman zu.

5) eine Methode, mit dem wir Tiere und Pflanzen unversehrt nach
Hause mitbringen können – da schlage ich jedoch erstmal
vor, daß Ermini die gesammelten Gegenstände malt und wir
sie nachher liebevoll wieder ins Wasser setzen.

Granina liebt die Idee, die Tiere schnell wieder ins Wasser zurück zu setzen,

>> – denn es kann nicht unsere Aufgabe sein, Leben zu zerstören,
um es zu erforschen. Was für ein Widerspruch! Welche
Schuld tragen diese Tiere an unseren Zielen, sie zu
erforschen, wieso sind sie dafür in die Verantwortung zu
nehmen? Die Qual und der Schrecken, wenn sie aus
dem Wasser geholt werden, ist schon zu viel. Sollten wir
sie nicht als unsere Geschwister sehen?

Masna freut sich über Granina´s Bemerkung:
>>Ja, so haben wir im Ghân-Land das auch.

Auch hier stimmen alle, nicht nur die Frauen zu. Einer der Männer sagt:

>>Es ist mir tatsächlich neu, daß wir so denken können. Wir Knaben
sind wohl anders erzogen, vielleicht soldatischer oder so.
Es ist uns selbstverständlich, daß Lebendiges gequält, verletzt
und getötet werden muß, damit ...
... ja was?

>>Wir lernen die klare Antwort nie, nur: Männliches muß so sein.
Liebe Freundinnen und Freunde, es überzeugt mich sehr,
daß unsere Forschungen zuerst mal das Leben liebevoll
beschützen müssen.


Mainot fragt Anandi (die Kartenzeichnerin), welche Hilfsmittel sie benötigt, um gute Karten zu zeichnen. Sie sagt:
6) Wir sprachen schon über die Markierungen am Ufer, doch wo der
Strom sehr breit ist oder gar im Meer wird das schwierig. Auf
die Sandbänke könnte man auch solche Schilder stellen,
aber dann? Man kann doch schwimmende Fässer im Wasser
verankern, oder? Verankern an einen schweren Felsstein.
Diese Fässer könnten verschieden angemalt
sein oder auch eine Zahl tragen.

7) Was wir dringend benötigen ist ein Gerät, in das man hinein sieht
und die Ferne heranholt, vergrößert, also weiter sehen kann.
Ich habe gehört, daß es im Alan Glazinian eine Gruppe von
Zwergen gibt, die bestimmte Kristalle aus dem Berg holen,
die Kristalle schleifen und in Röhren einpassen, durch die
man sehen kann. Ich will in Ekro Krinath
Erkundigungen einholen.

8) Dann brauchen wir etwas, was die Seeleute Kompass nennen,
mit dem man ablesen kann, wo Norden ist.
Auch wenn es Wolken-trübe ist.

9) Und ein Gerät, mit dem ich sehr genau Winkel messen kann
(Fachausdrücke 5: 28).

10) Und eine Papiersorte, das sich nicht verzieht, auf das ich alles
aufzeichnen kann. Schwarze Tusche und alles,
was dazu gehört.

Mainot fragt nun:

11) wie muß eigentlich das Schiff beschaffen sein? Ich beginne mal:
Es muß ein wendiges Segelschiff sein, also mit einem großen
Segel zum Antrieb und je einem kleinen Segel vorne und
hinten für die Wendigkeit. Es muß zwei gute Anker haben
und Möglichkeiten zum Rudern. Es muß unten platt sein,
damit wir nahe ans Land fahren können. Es muß ein
Beiboot mit Segel und Ruder haben, um schnell an
Stellen zu kommen, die für das große Boot zu flach sind
und um an Land zu fahren.

Amani, die so praktisch und handwerklich eingestellt ist, ergänzt:

12) Wenn wir in Abyssál ein Haus bekommen, sollte dieses Haus im
Hafen am Wasser liegen, dort, wo auch das Schiff seinen
festen Platz hat, möglichst nahe dem Fluß.

Wie groß soll das Schiff sein, und wie viele Leute müssen mit fahren können, wie viele Seeleute brauchen wir?

Mainot sagt, das können wir hier kaum entscheiden, denn für solche Entscheidungen brauchen wir die Mitarbeit von erfahrenen Schiffbauern und Seeleuten. Doch er legt eine Skizze vor, auf der er einen Entwurf eines solchen Bootes bringt:

Das Forschungsschiff nach Mainot´s Entwurf,
es liegt gerade trocken auf dem Ufersand des Geroner-Estho.
Die Seitenbretter (Seitenschwerter) verhindern die Abdrift
beim Segeln und halten das Boot im Strom.
Die kleinen Segel vorn und achtern erleichtern das Steuern.


Er fragt, was wir noch an Geräten auf dem Wasser nötig hätten.

14) Wir müssen erkennen, wie wir Salzigkeit und Wärme messen
wollen, das muß nämlich genauer und mit besserer
Zuverlässigkeit sein als nur fühlen und Schmecken.
Ich sage euch, wie ich das meine: Vielleicht sind schon
solche geringen Veränderungen wesentlich zum Erkennen
der Naturverhältnisse, die wir nicht mit unseren Sinnen
erfassen. Außerdem hätten wir mit einem solchen Gerät
von Tag zu Tag einen Vergleich.

>>Ich weiß auch noch keinen Rat, doch wir müssten mal wieder
die Zwerge befragen. Anandi, wenn du nach Ekro Krinath reist,
kannst du die Zwerge nicht auch hiernach fragen?

Anandi meint, daß sie in Ekro Krinath nicht nach Zwergen suchen wolle sondern nach der königlichen Behörde, die sich um die Zwerge im Reich kümmere. Es gibt nämlich für jede Minderheit eine solche Behörde, die vom König angehalten ist, diesen Minderheiten mit viel Wohlwollen zu begegnen und ihnen zu helfen oder auch sich helfen zu lassen, wenn diese Völker etwas bei zu tragen haben.

Gondas sagt darauf:

>>Falls du aber dennoch zu den Zwergen in das Alan Glazinian
reisen mußt, würde ich dich gerne begleiten.

Gonfalas müsse auch mitkommen, da er der einzige ist, der durch sein Studium des Buches von Marthén über die Ghân etwas mehr weiß als wir anderen. Wann wirst du losgehen? Pariman sagt, daß auch Masna mitreisen müsse, da sie eine Ghân ist und ihre Sprache kennt. Und außerdem lieben sie sich.

Amandi will in einer Woche losgehen, lieber zu Fuß als mit dem Schiff, die Schiffe sind ihr zu langsam.

Mainot fragt, ob noch weitere Pläne zu machen sind. Pariman:

15) Es wäre wichtig, einiges über die Strömungen zu erfahren. Meine
Idee ist, ein Gerät zu entwickeln, das ich mal Strömungsflosse
nennen will. Strömung ist für mich alles zusammen, was die
Wasserbewegung im Fluß ausmacht, nämlich

Wassertransport in Menge, Richtung, Geschwindigkeit,
Wirbeln, Vermischung.

Hierzu müssen wir messen:

Stromgeschwindigkeit, das ist die Bewegung an einem
begrenzten Ort zu begrenzter Zeit,

Stromrichtung, hierfür gilt gleiches,

Zeitraum, in der das gemessen wird,

Eine Angabe, die das Wirbeln ausdrückt,

Eine Angabe, die die Vermischung ausdrückt -
vielleicht die Salzigkeit -,

Inhalte des Wassers, ich meine schwebende feste Teilchen,

Tiefe unter der Wasseroberfläche, in der wir messen, die Meßtiefe.
Oder vielleicht besser die Höhe über dem Grund.

Das bringt Pariman auf den Gedanken,
>> - der Grund verändert sich, noch mehr die Wasseroberfläche -
denkt an Flut und Ebbe und so weiter. Wir brauchen
eine Fläche oder Ebene, die immer absolut zuverlässig
gleich bleibt, und auf die wir uns immer beziehen
können.  Mir fällt dazu nichts ein, aber es sollte
in unseren Gedanken lebendig bleiben.


>>Und mir fällt gerade ein, daß wir versuchen sollten, alles in
einem großen Metallrahmen unterzubringen, der an einem
Kran hängt. Weiter weiß ich nicht. Immerhin müssten wir mal
hier, mal da messen, doch weiß ich nicht, wie das möglich ist.
Und es fehlt mir der Übergang vom Messen zum Aufzeichnen.

Mainot wird das alles zu viel, und allen ergeht es so. Nur Pariman hat Überblick:

16) Doch wer kann das bewerkstelligen? Dazu benötigen wir
viele Leute, Schiffe und Geräte. Laßt uns mit der
letzten Idee beginnen. Wir brauchen eine
eigene technische Werkstatt.

Pariman merkt plötzlich, daß wir nicht darüber gesprochen haben, WIE wir eine Untersuchung machen wollen. Er sagt:
>>Tatsächlich haben wir aber bereits mehrere Strategien angewendet:

erstens haben wir das Schiff mit der Strömung treiben lassen,

zweitens haben wir an einem Ort gesessen und beobachtet, was
vorüber fließt, und wie sich alles ändert,

drittens sind wir mit dem Schiff unter Segel einfach eine Strecke
weit entlang gefahren und haben alles gemessenen,
wie es am Schiff vorüber kam. Diese Methode haben wir
als die erkannt, die am wenigsten genau ist und
am wenigsten aussagt.

– und dann fällt mir viertens ein, daß uns noch fehlt, was links,
in der Mitte und rechts im Strom passiert, und was in
verschiedenen Jahreszeiten passiert, und was passiert,
wenn der Mond voll oder leer ist oder dazwischen ...
und noch einiges, was mir gerade nicht einfällt.

fünftens kann ich mir denken, daß wir für die erste Strategie
gleichzeitig mehrere Schiffe fahren lassen könnten (doch
das wäre zu aufwendig), und bei der zweiten Strategie
an mehreren Stellen gleichzeitig beobachten könnten,
indem wir gleichzeitig mehrere Meßrahmen –
wie ich vorhin schon sagte –
anbringen könnten, die nicht am Ufer
sondern irgendwo im Strom befestigt sind.

Deswegen müssen wir sechstens unsere Strategien erheblich ein-
schränken und auf die wesentlichen Messungen beschränken,
die uns dennoch ein gutes Bild geben.

Der Text, so wie er hier als Protokoll steht, wird dem König übersandt. Als Antwort kommt ein kurzer Glückwunsch und die Anregung, mit Mut weiter zu machen, aber auch einzuschränken, da zu Vieles die Forscher eher verwirren würde als Klarheit bringen. Es wäre notwendig, die Fragen einfach zu gestalten.

Und nochmal der Hinweis des Königs von früher:

>>Wir werden bald eine Forschungsakademie gründen, in der die
Forscherinnen und Forscher in einer reinen Umgebung
leben können. Sie sollen zwar das äußere Leben in allen
Aspekten erfahren, aber sie sollen sich auch immer wieder
in die Akademie zurückziehen können, die unter meinem
königlichen Schutz steht.

>>Die Akademie soll der Platz sein, in dem die Forscher in erster
Linie leben, vielleicht etwas weltfremd, dafür aber in
ihren staatlichen Aufgaben eingeschlossen. Die
staatlichen Aufgaben sind auch, in ihrem Wissen
und Tun ganz den Aufgaben hingegeben
zu sein und nicht gestört zu werden.

>>Als ersten Bau werdet ihr ein Haus für euer Arbeiten errichten.
Daraus kann dann in Jahren die Akademie entstehen.

>>In diesem Haus oder in der Nachbarschaft sollt ihr wohnen.
Alles wird vom König zur Verfügung gestellt – ebenso
Räume, in denen ihr allein oder zusammen still sitzen
könnt, also eine Art Tempel. Dort kann jede und
jeder die eigene Gottheit verehren — oder auch
nichts verehren. Richtet euch alles selbst ein,
damit es den Erfordernissen eurer Arbeit
gerecht wird.

>>Für Bau und Erweiterung dieses Hauses nehmt eine Architektin
in eure Gruppe auf. Ich möchte, daß diese Aufgabe
von einer Frau wahrgenommen wird, da Frauen
besser verstehen, was benötigt wird.

Bald haben wir eine Schiffswerft gefunden, die uns ein Schiff bauen will, in dem alle gewünschten Eigenschaften vereinigt werden. Eine Architektin, nämlich Randai, ist bereits bei uns tätig, sie kennt unsere Arbeiten und Ansprüche schon.

In einer Eisenwerkstatt lassen wir einen kleinen Kran bauen, der auf der Hafenmauer am Strom stehen soll, und einen weiteren, der dort stehen soll, wo das Schiff liegen wird. Und wir lassen einen kastenförmigen Rahmen aus Eisenrohren bauen, in den wir unsere Geräte einsetzen wollen, der am Kran in den Strom abgelassen werden kann. Die Eisenwerkstatt wird uns nach eigenem Entwurf einen Greifapparat herstellen, der an einem Kran auf dem Schiff hängen soll, und mit dem wir vom Grund Sand und anderes aufgreifen können (Fachausdrücke 5: 29). An dem Schiffskran können wir auch den kastenförmigen Rahmen ins Wasser ablassen.

kastenförmiger Rahmen + Sammelflasche


Die Seefahrer-Akademie wird uns die Markierungen an den Ufern errichten und – wo keine Ufer in der Nähe sind – Fässer auslegen, um die Markierungen zu tragen.

Mehrere stabile Flaschen zum Sammeln von Wasser wird uns eine Glasbläserei herstellen. Außerdem Flaschen zum Transport des gesammelten Wassers ins Haus.

Eine Methode um die Salzigkeit zu ermitteln, haben wir gefunden, doch sie ist sehr langsam: wir lassen eine genaue Wassermenge verdunsten (oder wir verkochen sie) und messen die Menge an Salz, die zurückbleibt. Von den Zwergen erwarten wir aber etwas Besseres.

Die Wärme zu ermitteln, erscheint uns das Schwierigste, wir lassen diese Aufgabe einstweilen ungelöst. Vielleicht haben auch hier die erfindungsreichen Zwerge etwas.

Als letztes denken wir an das Haus für den Anfang und an das Haus für die Akademie, die daraus entstehen soll. Randai, die Architektin wird uns ihre Ideen vorlegen.




KAPPA 2.5 Der Weg zu den Zwergen in Ekro Krinath

Anandi, Gonfalas, Gondas, Granina und Masna wandern bald los nach Ekro Krinath. Nach einer Woche sind sie angekommen und logieren in einer Herberge.

Ihr Bericht:

>>Wie wir ankommen, ist die Stadt sehr aufgeregt, denn vor dem
Tor zu den Silbernen Feldern findet eine Handels- und
Volks-Messe statt. Wir denken, daß dieses die richtige
Gelegenheit ist, um Beziehungen zu knüpfen.
Tatsächlich finden wir in großes buntes Zelt,
in dem Zwerge und Ghân-Leute

gemeinsam Kristalle anbieten, die aus dem Alan Glazinian
stammen sollen.
(über die Ghân seht Marthén´s Buch: http://ghaninrohaneins.blogspot.com/ )

>>Andere Zwerge kommen aus den Kuranian-Höhlen im Alan
Garand´h, sie haben auch Kristalle, größere und
unheimlichere. Doch die Leute aus dem Alan Glazinian
haben mehr für unser Projekt anzubieten: sie haben neue
Erfindungen, über die sie erzählen, darüber nachher.

>>Auch findet sich ein Zelt, an dem Zwerge zum ersten Mal über
ihre Eisenwagen berichten ─ unter großem Zulauf der
Bevölkerung. Zu diesem Stand hatten der König,
der Dritte Krinanon, und die lokale Fürstin der Zwerge
ihre besondere Zustimmung gegeben, beide sind an einem
Tag anwesend, um der Bevölkerung dieses ungewohnte
Projekt schmackhaft zu machen. Die Zwerge haben kleine
Modelle ihrer Wagen mitgebracht und zeigen sie vor.
Jedoch fast niemand glaubt ihnen. Es sei doch alles
Spielzeug sagen die Kriner.

>>Es waren auch Stände da, an denen über die verschiedenen
Tempel der Teribaten berichtet wird. Hier waren König und
die Königin Malawi, auch das Fürstenpaar aus dem Pavion
ebenfalls, um deren Wichtigkeit öffentlich zu betonen.
Sie riefen immer wieder die Menschen auf, die
Gelegenheiten zu nutzen, die die Teribaten bieten.
Gesunder Geist und gesunde Seele sind Voraussetzungen
zu gesundem Körper und gesundem Leben – und für eine
gesunde Volkswirtschaft! –, sagen sie immer wieder.
Auch hier haben die meisten Kriner Zweifel, ob die Seele
wirklich gereinigt werden könne – daß die Seelen voller
Schmutz sind, das glauben sie den Teribaten schon.

>>Aus Golsania {Edoras}, der Hauptstadt von Marchianth {Rohan},
werden die besten Pferde gezeigt. Die Pferdeknechte
sind bunt und festlich gekleidet und stechen damit alle
anderen aus. Von der nahebei gelegenen Wehra
{Schneeborn}-Mündung sind die lomischen Reiter
gekommen, die unter schrillem Geschrei ihre wilden
Reiterkunsstücke auf bunt behängten Pferden vorführen.
Ein Scheingefecht: ein Pferd stürzt mit seinem Reiter und beide
spielen als seien sie tot. Der Reiter setzt sich schließlich hin,
streichelt sein Tier, setzt sich drauf, und das Pferd
erhebt sich und geht mit seinem Reiter fort.

>>Selbst die Ghân sind mit würzigem Ziegenkäse, Honig,
Fellkleidung vertreten, auch eine kleine Ziegenherde
ist dabei (sie haben wohl die ganzen Sachen getragen),
aber für sie ist das nur der Rahmen für die Botschaft
ihres Meisters Ullam, die sie gerne weiter erzählen.
Obwohl sie sehr scheu sind, hatte die Königin sie
eingeladen, sich darzustellen, weil alle Völker des
Reiches sich kennen lernen sollen.

>>Diese Botschaft von Ullam wird in Marthén´s altem Buch
erläutert ( http://ghaninrohaneins.blogspot.com/ ).

Das Buch ist nun neu gedruckt worden, es wird in einem
Zelt der Regierung von Marchianth {Rohan} angeboten.
Wir erwerben ein Exemplar für unsere neue Bücherei in
der Akademie in Abyssál. Die Ghân haben eine Statue
von Ullam in diesem Zelt aufgestellt, sie schenken uns
eine kleine Statue aus Bronze für unseren Tempel,
den wir planen.

>>Vom Kap Umbran sind ─ ebenfalls scheue und schweigsame ─
Fischer gekommen, um ihre getrockneten Fische zu verkaufen, sie
waren mit ihren schnellen Segelschiffen nur drei Wochen unterwegs
gewesen. Auch bieten sie Bernsteine an.

>>Aus dem, was man früher das Schwarze Land (oder auch
Sarounth oder den Schwarzen Pfuhl) nannte, heute das
Grüne Land genannt (es liegt nördlich des Alan Gratz und
des Alan  Gratz-ki), kommen Händler mit Gemüse und
Früchten. Aber auch schwarze Obsidiane
bieten sie an,die heilende Wirkung auf die Seele
haben sollen, was aber niemand glaubt. Die Leute
lachen hämisch, denn wie kann aus einem ehemals
so schwarzen Land nach so kurzer Zeit
Heilsames kommen.

>>An den Wasser-Fällen der Geroner-Nebenflüsse im Südwesten
des Alan Garand´h (Kuranian) gibt es besondere Forellen,
die sich an den tobenden Wasserfällen trainieren und deren
Fleisch besonders lecker ist ─ ein paar schnuddelige
Bergleute bieten sie gesalzen an, doch ihr Erfolg ist
groß. Einige dieser Forellen sind in Becken und
dürfen über Stangen springen, die man über das
Wasser hält.

>>Einige verkommene Ostleute haben einen Käfig angeschleppt,
in dem zwei Trolle sitzen, traurig und in sich gekehrt.
Sie werden von den Leuten geärgert, doch ein paar
kleine Mädchen kommen und verteidigen sie gegen
die anderen ─ was können die denn dazu, daß sie
so sind? fragen sie herausfordernd.

>>Gärtner aus dem Gärtner-Kreis bieten Tabak an, der als
der beste von ganz Aklanpa geschätzt wird, und lange
weiße Tonpfeifen. Nur ist es nicht viel, denn ihr
Land ist klein, und alle dort wollen den Tabak lieber
selbst rauchen als ihn verkaufen. Die Gärtner gehen
barfuß, und alle Leute wundern sich, daß sie so viele
Haare an den Füßen haben.

>>Waldmenschen aus dem Norden des Alan Gratz haben Holz
herangebracht und auf dem Kanal, der vom Geroner bis
vor Ekro Krinath führt, bis an das Messegelände geflößt.
Vorne auf jedem ihrer sieben Flöße sitzt ein zahmer Wolf,
und wie alle auf Befehl zu heulen beginnen, erschrickt
die ganze Messe, die Besucher fangen aber an zu lachen
wie sie sehen, wer heult. Man wirft ihnen Leckerbissen zu,
die sie aber erst anrühren, als ihnen mit einem Ruf
die Erlaubnis gegeben wird. Dann scheinen sie
dankbar zu sein, jedenfalls blicken ihre
Augen dankbar auf die Leute.

>>Zurück zu den Zwergen aus dem Alan Glazinian. Sie haben zwei
bunte Zelte und Tische davor, einen für ihre Kristalle,
einen für ein paar Erfindungen. Hier finden wir mehr
als wir suchen. Sie haben im Hintergrund einen
schwarz verhängten Tisch, an den wir uns setzen, und
sie lassen uns unter dem schwarzen Tuch in einen
geschliffenen Kristall gucken, der oben an ein Rohr
angebracht ist. Eine Handspanne tiefer ist ein erleuchtetes
Feld, auf dem in einer Glasschale kaum sichtbare kleine
Tiere umher schwimmen. Wir gucken in den Kristall
und sehen diese Tiere nun finger-groß. Das wäre
etwas für unsere Amani, sie könnte damit die kleinsten
Meerestiere genau sehen und zeichnen. Wir nennen
dieses ein Vergrößerungsgerät. Es wurde vom Zwerg
Eletr erfunden und gebaut, heißt es.



>>Wir gehen danach in einen größeren verhängten Kasten
von Mannshöhe, dort haben sie ein anderes, waagerecht
aufgestelltes Rohr, in das sie einige geschliffene Kristalle
eingelassen haben. Wir sehen ins eine
Ende hinein und erkennen ganz nahe den hohen Turm,
der in 7 Meilen Entfernung auf einem Vorberg des Alan
Gratz steht (dicker schwarzer Punkt auf der Karte),
und in doppelter Ferne dahinter im Dunst die
weiße Spitze des Geißenspitz in Eis und Schnee.
Dieses Gerät ist ähnlich wie das vorige, nur, daß wir
damit die Ferne heranholen
können, wir nennen es ein Nahholgerät.

>>Und dann ist da das Gerät, das Anandi für nötig gehalten hatte.
Im Gespräch mit den Zwergen legen wir unsere anderen
Bedürfnisse vor. Einer von ihnen, Eletr, erklärt uns sein
ganz neues Prinzip, um die Salzigkeit zu messen.

Eletr muß ein großer Erfinder sein:

>>Hier habe ich einen in eine Holzschale eingesteckten Kasten (er
ist etwa acht geballte Fäuste groß). Es sehen zwei dünne
Metallfäden heraus. Ich bringe sie ganz kurz zusammen,
und du siehst einen kleinen Blitz. Das ist die Grundlage
der meisten anderen Dinge, die ich erfunden habe.

>>Beide Metallfäden sind ─ bis auf das Ende ─ mit Wolle, die in Pech
getaucht ist, umwickelt. Dann kann der Blitz nicht entweichen.
In dem Kasten entwickelt sich immer neue Kraft für den Blitz.
Hier ist ein roter Kasten, in den ein Glasfensterchen
eingelassen ist. Unter dem Fensterchen siehst du eine
schwarze Nadel hin und her wackeln, und lauter
Zahlen sind da hinein geschrieben, die von der Nadel
angetippt werden. Ich stecke die nackten Enden der
Metallfäden in kleine Löcher hier an der Seite
des roten Kastens.

>>Dann ist hier ein blauer Knopf auf dem Kasten, und
wenn du den drückst, bewegt sich die Nadel auf
eine bestimmte Zahl und bleibt da fest stehen.
Aus diesem roten Kasten kommen wieder zwei
Metallfäden heraus, die auch umwickelt sind,
und kleine Metallplättchen sind an die Enden
geklemmt, die du in ein Glas mit Wasser stellen
kannst.

>>Dieses ist reines Quellwasser, drücke mal auf den Knopf und
sieh den Zeiger an. Auf welche Zahl zeigt er? Auf die Null.

>>Nun streue ich etwas Salz in das Wasser und rühre um. Was zeigt
der Zeiger nun? er ist zwischen der Eins und der Zwei.
Und so geht es weiter, ihr könnt ja mal weiter rum
probieren (Fachausdrücke 5: 13).

>>Das ist ja fantastisch!
ruft Anandi aus und klatscht in die Hände.
>>Und nun brauche ich nur noch in einer Serie von Probe-
messungen einige Becher mit genau abgemessenen Salz-
mengen und genau abgemessenen Wassermengen mit
diesem Gerät zu messen ─ und schon kann ich
hiermit die Salzigkeit ermitteln, oder?

>>Ja, so ist es, fast. Nur eines noch: Wenn ihr meßt, müsst ihr
immer eine gleiche Wärme im Wasser haben.
Also ihr müsst das Wasser genau auf die Wärme
einstellen, die ihr benutztet, als ihr die Serie von
Probemessungen machtet. Und das Proben-Salz sollte
ganz rein sein, sogenanntes Steinsalz, direkt aus dem
Salzbergwerk. Ihr müsst es von den Kuranian-Höhlen
bekommen, sprecht gleich mit den Kuranian-Zwergen
nebenan, sie werden es euch besorgen.

>>Doch bedenkt, daß das Salz im Meer etwas anders
 ist als dieses Steinsalz, Granina sollte mal das Steinsalz
schmecken und mit dem Geschmack von Meerwasser vergleichen.

Also Steinsalz ist wohl nicht der beste Vergleich,
sondern wir müssten dafür schon echtes Meerwasser nehmen.
Und das irgendwie mit Zahlen kennzeichnen.
 Ihr müsst überlegen, ob ihr nichtlieber reines Meersalz statt Steinsalz als Gundlage
eurer Messungen nehmt.

>>Und bedenkt, daß eure Messungen im Vermischungsgebiet
zwischen Meer- und Fluß-Wasser nicht genau ist, nicht
wie eine Messung von Steinsalz oder von Meersalz ist.

>>Also, für die ganz exakten Untersuchungen berechnet
nicht die Salzigkeit aus diesen Salzproben sondern nehmt
die Zahlen selbst, so wie sie im roten Kasten von der
Nadel angezeigt werden, sie sind nämlich nicht verfälscht,
sie sagen Genaueres über die Vermischung zwischen
Fluß- und Meerwasser aus als die
Berechnungen nachher.

Gonfalas erkannte,
>>diese Einrichtung geht auch anders herum: wenn die Salzigkeit
bekannt ist (und wir können uns ja eine genaue Probe
einstellen und im Vorrat haben), könnten wir hiermit die
Wärme messen. Ich verstehe, den Rest probieren
wir zuhause aus.

Eletr meinte,
>>ihr müsst euch ein „Wasserhaus“ einrichten, in dem ihr diese
Dinge ausprobiert und macht.

>>„Wasserhaus“? was ist das?
fragen wir alle.

>>Ein „Wasserhaus oder Labor“ nennen wir ein Haus oder einen
Raum, in dem wir solche Arbeiten machen, die mit
planschendem Wasser, Säuren, Geräten zu tun haben.


Das ist ein gutes und wichtiges Wort, sagen wir, besonders für unsere Architektin Randai ist das wichtig. Sie muß uns ja ein Haus für alle diese Arbeiten bauen lassen.Es müsse ein Wort bei jedem Begriffe sein, sonst verschwinmt das Denken, meint sie.

Gonfalas fragt noch:

>>wird sich die Kraft dieser Kästen nicht erschöpfen? Immerhin
brauchen sie doch Energie? Wo kommt die her?

Eletr antwortet:

>>Das stimmt, doch sie braucht ein paar Jahre, bis sie verbraucht
ist. Wir haben im Berg ─ wo das ist, verraten wir niemandem ─
etwas, das nennen wir Brennkristalle. Solche Kristalle sind ─ in
abgeänderter Form ─ hier drin, sie liefern die Energie. Ich
kann aber auch sagen: macht die Kästen nicht auf, denn
dann können sie kaputt gehen. Wenn jemand darüber lernen will,
unterrichten wir gerne. Wir haben auch viele
Jahrzehnte lang herum probiert.

Wir fragen noch, wie lange seine Gruppe hier bleibt, und verabreden uns für ein Treffen in einigen Tagen in der Stadt in einer Garten-Kneipe.

Am nächsten Tag haben wir ein Gespräch bei der Ministerin für Verkehr und erläutern Ziele und Ergebnisse unserer Reise hierher, besonders die Gespräche mit Eletr. Des Langen und Breiten erläutern wir ihr, wozu wir die von Eletr angebotenen Dinge benötigen, und schließlich willigt sie ein, daß der König sie für unsere Arbeiten kaufen wird ─ unter der Bedingung, daß Eletr oder ein anderer Fachzwerg die Geräte begleiten und uns des Weiten und Tiefen einführen wird. Er soll ein viertel Jahr bei uns bleiben und als ein Mitglied unserer Forschergruppe behandelt werden.

Wie wir dieses Ergebnis Eletr mitteilen, wird er sehr froh. Fröhlich tanzt er umher, wirft die Arme in die Luft und klatscht in die Hände, und ein paar Zwerginnen und Zwerge fallen sofort in seine Freudentänze ein. Jemand macht Musik, und in kurzer Zeit ist ein rauschendes Fest entbrannt ─ bedenkt: ein spontanes rauschendes Fest mitten in Ekro Krinath, dieser spröden und ernsten Stadt! Pavischer Wein wird besorgt, jemand holt einen Fischer, der gebratene Forellen und Sprotten anschafft, bunte Fahnen werden entrollt, Süßigkeiten unter die Kinder verstreut, immer mehr Zwerge und andere Leute kommen dazu, und ein riesiges Volksfest entbrennt innerhalb einer Stunde. Für die Zwerge ist das der Wandel des Lebens! Ihre Technik bricht sich Bahn, der reichste Staat von Aklanpa erkennt sie an! Sie müssen nun nicht mehr nur in ihren Höhlen leben und arbeiten, auch im Licht ist wieder ─ nach so langen Jahrhunderten der Zurückgezogenheit ─ ein Platz für sie.

Der König hatte gehört, wie es erging und was wir erreichten. Das Fest hat ihn sehr froh gemacht, denn Malawi und Krinanon der Dritte lieben es, wenn ihre Untertanen Feste feiern. Sie stellen uns für die Heimreise ein paar gute Pferde und Pferdeknechte zur Verfügung und schenken uns eine ganze Pferdeladung Pavischen Weins aus dem königlichen Weinkeller.





KAPPA 2.6 Das Werk der Zwerge, ihr Beitrag zur Erforschung des unteren Geroner, ein Fischer zeigt uns das "Gradnetz" (Fachausdrücke 5: 50.), erste exakte Forschungsfahrten

Nein, Anandi und die beiden Männer mußten nicht ins Alan Glazinian wandern. Im Triumph ritten sie zurück nach Abyssál. Ein halbes Jahr später wird Eletr mit den Geräten kommen.

Das Schiff ist im Bau. Haus und die ganze Anlage sind in der Planung, die Grundmauern sollen bald gelegt sein. Unsere Forschergruppe besteht nun aus zwölf Leuten, denn auch Masna tritt endlich bei, mit Eletr werden wir dreizehn sein.

Da wird Anandi so schwer krank, daß niemand mehr glaubt, daß sie wieder arbeiten wird. Sie liegt in ihrem Zimmer und stöhnt, dazwischen lange Zeiten der Ruhe. Immer ist jemand von uns bei ihr. Ihre Familie lebt weit weg, und wir können sie nicht so schnell erreichen. Sie redet und sieht klar, doch alles tut weh, und sie ist sich sicher, daß sie bald den Körper verlassen wird. Sie hat keine Angst vor dem Sterben, sie weiß von der Stille, die dann kommt, Anandi wird ihren Körper zurücklassen und bittet uns, drei Tage nach dem Sterben zu warten und ihn dann gegenüber von Abyssál, auf der Khand-Insel zu begraben, da, wo es ganz einsam ist.

Doch sie wird wieder gesund und ist nun viel fröhlicher und besonnener als früher. Sie hatte – wie man sagt – einen Blick in den Himmel getan und weiß nun Bescheid.

Die Krankheit und Erholung hat ein halbes Jahr gedauert. In ihrer kranken Zeit kommt Eletr mit den Geräten und einem Gesellen. Anandi möchte sie gerne kennen lernen und auch die Geräte sehen. Doch sie muß noch warten. Eletr darf sie mal besuchen, und dann geht er öfter zu ihr, um ihr bei der Gesundung zu helfen. Er hat auch Heilkristalle mit gebracht, mit denen er Anandis Körper behandelt, einfach an bestimmte Stellen auflegt.

Wir beauftragen Kranandi, die zweite Zeichnerin, sich anlernen zu lassen und mit den Geräten arbeiten zu lernen. Sie ist auch Kartenzeichnerin und ist schon seit einem Jahr bei uns. Nur fühlt sie sich mehr zu Ermini und ihren Bildern als zur Technik hingezogen und wird später mit ihr arbeiten, um auch zu malen.

Eletr und sein Geselle Simbher haben alles aufgebaut und in Gang gebracht, und nun gilt es, die ersten Forschungen zu machen. Kranandi ist eifrig dabei und berichtet Anandi von dem, was sie gelernt hat. Für Anandi wird ein Stuhl auf Rädern gemacht, in dem sie die Arbeiten an den Geräten beobachten kann. Doch nach einem weiteren halben Jahr kann sie wieder gehen wie alle.

Neu ist aber für uns, Geräte zu benutzen. Was machen wir mit den gefundenen Zahlen? Es werden viele Zahlen sein, die bedeutungsvoll sind, doch wir sehen keine Bedeutung, können uns nichts vorstellen.

Wir brauchen mal wieder Rat. Mir scheint, wir sind zu sehr geistig, zu weit entfernt über dem Boden dessen, was ist, zu sehr im Kopf wie man sagt. Wir sprechen darüber, und nun sitzen die Frauen in derselben Falle wie wir Männer. Doch die stille Granina, die unter Fischern im Umbrár aufgewachsen ist, meint, wir sollten die Fischer fragen. Sie hätten oft gute und einfache Ideen. Wir beauftragen sie, ein Treffen zustande zu bringen.

Zwölf Tage danach kommt ein älterer Mann in unser Haus – es ist noch nicht das neue Haus, das noch im Bau ist –, er sei Fischer und ein Onkel von Granina, die ihn gerufen hätte. Mit ihm sitzen wir wieder zusammen, und er sieht sich still an, was wir wollen und bereits haben. Viel hat er schon im Meer gefischt, aber auch Jahre lang Netze geflochten und geflickt, und so versteht er auch, was wir wollen – vielleicht besser als wir selbst. Ähnliche Gedanken sind ihm schon lange gekommen, doch er hatte nie Zeit, das Fischen ging immer vor.

Sein Name ist Grank´, und er sagt, den Laut „Gran“ hätte jeder Mensch in seiner Sippe im Namen.

>>Ich habe so viele Netze gesehen, oft dicht vor meinen Augen. –
Man kann ein Netz un-ordentlich flechten und man kann
die Maschen in Reihe und Glied flechten. In Reihe
und Glied geflochten vermittelt so ein Netz eine Ordnung
in meinem Kopf, deswegen habe ich das immer so gemacht.

>>Was ihr hier macht, ist eine Art Netz-Muster, das erst mal noch
im Kopf ist. Macht das Netz schön rechtwinklig, das ist das
Erste. Habt es im Kopf. So wie ein gutes Netz müssen eure
Bilder sein, mit denen ihr euch selbst und den anderen die
Ergebnisse eurer Messungen vorstellen wollt
(Fachausdrücke 5: 50.)


>>Nehmt nun ein Blatt Papier und einen Bleistift. Zeichnet
ein Viereck, breiter als hoch. Auf der unteren Linie
macht 14 Striche in gleichen Abständen. Das ist wie ein
Maß-Stab, stellt aber fast 40 Meilen dar, verkleinert. Ja,
VERKLEINERT, sonst würde euer Bild ja nicht auf den
Tisch passen. Und auf der linken Linie verfahrt ebenso,
es müssen 8 Striche sein, die nach oben gehen, es sollen
9 Mannshöhen darstellen. Seht ihr, was da entsteht?

>>Wenn ihr die Striche richtig verbindet, ergibt das ein Netz – wie
ein gutes Fischernetz –, in dem alles rechtwinklig und
ordentlich ist – so wie ich es schon mein ganzes Leben
lang gesehen habe.

Pariman beginnt mit einer Zeichnung, er versucht unten 40 Meilen des Flusses zu bezeichnen (2 1/2 Meilen-Abschnitte bekommt er nicht rein). Und links bezeichnet er die Mannshöhen, an der oberen Linie beginnend: 1 Mannshöhe, 2 Mannshöhen, 3 Mannshöhen und so weiter. Grank´ macht klar, daß eine Linie bereits fertig ist, nämlich die Wasseroberfläche, sie wird durch den waagerechten Strich oben in der Zeichnung angezeigt und heißt 0, das ist null Mannshöhen tief. Eine Fläche – die Wasseroberfläche – als einfache Linie? (Fachausdrücke: 15)

>>Ja, denn so ist es einfacher, bedenkt jedoch, es ist nur ein
 Bild, ein abstraktes Bild, nicht das Estho selbst. Stellt
euch vor, ihr legt ein Seil auf die Wasserfläche, von
Ekro Krinath bis hier, und spannt das Seil gut -
dann habt ihr diese Linie.

Ja, das wird verständlich, wenn wir auch nicht gewohnt sind, in dieser Weise zu denken.

>>stellt euch vor, da ist eine riesige Platte ins Wasser gerstellt,
oder an das Seil gehängt, und auf diese Platte  ist dieses
 Netz gezeichnet. Das wäre der Anfang des Erkennens.

Nach einigem Denken ist das sehr gut vorstellbar. Hier habe ich das hingezeichnet:


das erste "Gradnetz" aus der Idee eines Fischernetzes
entstanden, angeregt von Grank´ wie ich es eben
beschrieben habe. Wo Hafen steht beginnt für uns das Estho,
hier ist die Stromschnelle. In das Netz haben wir später
die Beobachtungen – Zahlen und
Ereignisse – eingetragen. Das Netz ist noch lange
nicht so ordentlich geworden wie Grank´ es verlangt hatte,
aber er meinte, so ist eben die Natur: draußen und in unseren
Gehirnen, eben doch nicht so gerade wie ein gespanntes Seil
oder ein Lichtstrahl oder eine frisch gerichtete Platte. Gewiß können
 wir das nicht richtiger machen, denn auch die Natur
ist nicht "richtiger"!


>>Und nun zeichnet ihr zu jeder Meile die von euch gemessene Tiefe
in Mannshöhen ein. Seht, so habt ihr ein sehr einfaches Bild
vom Grund, das Bild zeigt nämlich, wie der Fluß zum
Meer hin immer tiefer wird.

Pariman:

>>Und statt deiner Fische zeichnen wir nun die Zahlen ein, die wir
gemessen haben, ist das richtig?

Und gleich schränkt er ein:

>>Aber nur die Zahlen, die nur eine Sache darstellen, zum Beispiel
Eletr´s Zahlen, die er für die Salzigkeit gewonnen hat. Und
in einer nächsten Zeichnung machen wir es ebenso
aber mit den Wärmezahlen.

das erste Netz, wir haben unsere Vorstellungen der Tiefen als rote
Linie eingetragen. Ist das zu verstehen? Oberhalb der roten
Linie fließt das Wasser – je nach Flut oder Ebbe nach rechts
beziehungsweise links. Unterhalb der roten Linie ist der Grund,
Untergrund, Schlamm, Felsen ...




nun üben wir: wir zeichnen das vorige Netz ab und tragen unsere
Vorstellungen der Wasser-Vermischungen zwischen Meer und Ekro
Krinath ein. So könnte es weiter gehen, aber wir wollen – im Sinne
von Krank´ – akkurat zeichnen, und erhoffen uns genauere
Einblicke – irgendwann. Wir hatten ja schon die Salzigkeit
in verschiedenen Wasserproben abgeschätzt, und da wir
wissen, das salziges Wasser schwerer als Flußwasser ist,
kommen wir zu dieser Vorstellung.


Diese Vorstellung hatte Gondas früher mal für Studenten auf eine schwarze Tafel skizziert und wiederholt es für uns:


Gondas erzählte uns, was er den Studenten erklärt hatte:

>>Was ich nun sage, ist eher eine Spekulation, also ein Bild, das ich
mir mache, weil ich einiges gelernt, gesehen und
erdacht habe, also – eben – Spekulation. Was an meiner
Spekulation Wirklichkeit ist, weiß ich zur Zeit nicht.
Das zu ermitteln ist die Aufgabe der
Kenntnisschaften, des Forschens.

>>Wenn das leichte Flußwasser zum Meer fließt, breitet es sich
über das schwere Meerwasser aus. Auf der Zeichnung
ist das Meerwasser weiß gemalt, doch das Flußwasser
habe ich nicht gekennzeichnet, es ist auf meiner Tafel
unsichtbar, nur die schwarzen Pfeile zeigen das Fließen
des Flußwassers.

>>Vom Meerwasser geht immer mehr verloren, weil es sich mit dem
Flußwasser vermischt und zu Mischwasser, also Brackwasser
wird. Im Gewicht steht es zwischen beiden Wassersorten.
Das Brackwasser strömt nicht sondern hat die Tendenz nach
oben zu steigen und sich weiter mit dem Flußwasser
zu vermischen.

>>Bezüglich der Strömung nenne ich die Brackwasserschicht auch
die „Schicht ohne Netto-Strom“, in waagerechter Richtung
steht das Wasser also, fließt weder in Quell-Richtung noch in
Meer-Richtung. Es ist eine ganz dünne Schicht, unter ihr
fließt Meerwasser flußwärts, über ihr Brack- und Flußwasser
meerwärts. In der „Schicht ohne Netto-Strom“ aber fließt
Wasser nach oben, Richtung Oberfläche.

>>Nochmal anders: unter dieser „Schicht ohne Netto-Strom“ liegt das
Meerwasser, das langsam heranströmt. Da diese Meerwasser-
schicht salzig ist, nenne ich sie den Salz-Keil, eine
keilförmige  Wasserschicht, die ihre Spitze dort hat,
wo der letzte Rest von reinem, unvermischten salzigen Meerwasser
zu finden wäre. (wegen Salzkeil Fachausdrücke: 1)

>>Weiter unten werde ich erläutern, warum dieses Bild nicht
ganz stimmen kann. Aber es ist der Anfang der gesamten
Vorstellungen – und schließlich Forschungen – im Estho.

>>Mein Bild auf der schwarzen Tafel ist eben so hinskizziert und
deswegen erscheint es ungenau zu sein. Ich zeige hier mal
ein Bild, das viel genauer erscheint:

Gondas´Erklärung hierzu:
>>hier ist der einströmende Salzkeil dunkel gezeigt, die großen
gepunkteten Pfeile stellen das einströmende salzige Meerwasser
dar, die großen mit glattem Rand das ausströmende Flußwasser.
Kleine gebogene Pfeile zeigen, wie das Meerwasser sich ins
Flußwasser einmischt. Die Ränder des Salzkeils sind "gelockt"
gezeichnet, etwa so wie es wirklich sein mag, doch so recht weiß
ich das nicht, vermute das lediglich, weil alles im Wasser "gelockt"
oder verwirbelt ist.



>>..."genauer erscheint" sagte ich, denn das ist nicht so. Hier versuchte
ich, den Salzkeil sehr akkurat darzustellen, doch je weiter
ich in Gedanken oder auch mit dem Messen in die
Einzelheiten gehe, desto verwickelter wird es.
Deswegen löse ich die einzelnen Vorgänge
und Kräfte, von denen ich weiß, löse sie auf in
einzelne Bilder, etwa so wie dieses:


>>dieses Bild ist so entstanden: ich stelle mir eine lange
Glasplatte vor, die ich in die Mitte des Estho´s reinstelle und das,
was ich mir denke auf die Platte zeichne. Schraffiert ist
der Grund gezeigt, und gelockt die Vermischung der beiden
Wassertypen. Vielleicht stellen diese Locken
am besten dar, wie Wirbeln vor sich geht.


>>Zum Verstehen haben wir Versuche gemacht: in eine Glaswanne
stellten wir senkrecht eine Platte (Schieber) quer, auf jede Seite gießen
wir Wasser: auf die linke salziges, schwarz gefärbtes
Wasser, auf die andere farbloses Flußwasser. Als wir den
Schieber langsam hochzogen, geschah, was als 2 und 3 zu
sehen ist, und schließlich haben sich die beiden Wassertypen
übereiander geschichtet, und zwischen beiden ist
eine graue Mischschicht:


>>Was in diesem Bild geschieht, kann man gut in einem 
kleinen Versuch verstehen:


>>hier verwirbelt sich schweres, schwarzes Wasser mit leichtem,
hellen: einen Tintentropfen haben wir auf die
Wasseroberfläche getropft, die Tinte löst sich nicht
in Wasser, aber die beiden gleich leichten Flüssigkeiten
vermischen sich in dieser schönen Art und Weise.
Das ist ein typisches Bild von Verwirbelung.

>>Wenn das schwarze und das farblose
 Wasser nicht sofort ineinander auifgehen würden,
 würde es etwa so aussehen wie auf diesem Bild:
eine Übergangsschicht. Und so stelle ich mir die
Brackwasserschicht über dem Salzkeil vor.


Diese schönen Bilder werden aber durch vierlei Kräfte gestört: Gezeiten, Jahreszeiten, Stürme, Denkmethoden ... Darüber ein paar Bemerkungen hier: ...

Wir waren sehr überrascht als wir am Hafen von Ekro Krinath eine Messlatte ins Wasser stellten und die Wasserhöhe in kurzen Abständen feststellten. Denn wie das folgende Netz zeigt, schwingt das Wasser zwar regelmäßig auf und ab, aber doch nicht so regelmäßig wie wir es gedacht hatten: der Moment des höchsten Wasserstandes war jeden Tag etwas später, und die Wasserhöhe wandelte sich auch. In sehr grober Form haben wir das hier dargestellt:

wie die Wasserstände sich ändern, verursacht durch Ebbe und Flut.
Hier wieder ein Gradnetz ähnlich wie den vorherigen:
die Linien der Tiefen wieder als waagerechte Linien,
nun alles auf den Grund – der dicke Strich – bezogen. In Rot
der Wasserstand, wie wir ihn über fast 4 Tage gemessen haben:
o zeigt die Mittagszeit, schwarzer Punkt die Mitternacht.
Wahrscheinlich ist das Ganze viel regelmäßiger, doch wir haben
noch nicht die genauen Mess-Methoden erfunden.



Dann sitzen wir Tage lang zusammen und beginnen zu verstehen, wie wir unsere Zahlen sichtbar machen können. Aber da stehen nur einfach Zahlen auf dem Netz, wir erkennen noch kein Abbild.

Randai aber entdeckt plötzlich das Abbild vor ihrem geistigen Auge: mit Bleistiftlinien verbindet sie alle Zweien, alle Dreien, alle Vieren und so weiter. An dieser Idee basteln wir noch viel herum und steigern uns die ganze Nacht bei des Königs Wein in die abenteuerlichsten Figuren hinein. Die Salzigkeit zum Beispiel hatten wir schon an mehreren Tagen gemessen und alle Messungen zeichnen wir in Netze ein, die wir nach Datum geordnet neben einander legen. Und siehe ─ wieder bekommt Randai als erste das bewegte Bild vor ihre inneren Augen ─ : wir erkennen die Veränderungen von einem Tag zum anderen, wir erkennen das Fließen, nun beginnt der Fluß für uns zu fließen ─ einfach so auf den Papieren! Auf den Papieren, in Grank´s Netzen bildet sich das Leben des Geroner ab.

Da wir auch schon lange Listen mit Messzahlen haben, die wir am Kran auf dem Ende der Hafenmauer am Strom gewonnen hatten ─ alle Stunde eine Anzahl von Messungen in Abständen von einer halben Mannshöhe von der Oberfläche bis an den Grund (der hier nur drei Mannshöhen tief ist) ─ , können wir nun das Fließen der Ebbe und Flut erkennen.


Jetzt brauchen wir nur noch die anderen Zahlen, die wir gefunden haben, in ähnliche Netze einzutragen und neben die der Salzigkeit legen.

Weiter unten beschreibe ich, wie wir mit dem Schiff Messzahlen bekommen. Nach einigen Schiffsfahrten entlang des Estho´s, an denen wir viele Zahlen ermessen haben, zeichnen wir in wenigen Monaten ein großes und überzeugendes Bild des Flußabschnittes, den wir genauer beobachtet haben. Wir erkennen die Form des Estho, seine Zahlen und die Veränderungen während Ebbe und Flut und auch in längeren Perioden. Doch alles macht viel Arbeit und kostet lange Wochen an Hingabe und Fleiß.

Nach einiger Zeit schicken wir ein Paket mit Berichten und solchen gezeichneten Netzen an den König. In seiner Antwort schickt er ein besonderes Lob an Grank´ zusammen mit einem Fäßchen besten pavischen Weines für ihn.

Er schreibt,

>>Der Beitrag von Grank´ war das Beste! Er verdient besondere Anerkennung
durch mich sowie dieses Fäßchen mit pavischen Wein.
Ich möchte, daß ihr ihn je und je wieder zur Beratung
hinzuzieht und gewähre ihm für diese Zeiten seiner
Beratungen ein Gehalt wie es euch auch zusteht.

Doch Grank´kam nie wieder, denn das Reisen vom Umbrár her wurde seinem alten Körper zu beschwerlich. Statt dessen segelte Granina einige Male zu ihm und suchte nach weiterem Rat, doch auch sein Geist war nun zu alt und er weigerte sich, noch weiter über unsere Dinge nachzudenken. Er will einfach still und wach und klar sein Alter genießen, in einem Häuschen am Strand in der Nähe seines Dorfes und lässt bestellen:

>>Wenn ich nun noch viel nachdenke, könnte sich mein Geist
verwirren – er ist im Alter schwach geworden. Er kann die
Verwirrnisse des Denkens nicht mehr sauber steuern. Dann
würde ich die reine Klarheit verlieren, die ich zum
Altern brauche.

Weiter der König:

>>Doch bedenkt: Euer Bild erleidet durch diese Netze einen großen
Nachteil. Ihr geratet nämlich in Versuchung, die
Bilder auf den Netzen als ein „wirkliches Bild“ der Natur
zu verstehen. Doch das ist es lange nicht. So
kompliziert wie die Natur ist, könnt ihr sie nicht
darstellen, mit keiner Methode. Eure Netze sind
eine sehr starke Vereinfachung ─ leicht zu
verstehen aber weit entfernt noch von der Natur.

>>„Leicht zu verstehen“, sage ich. Das ist aber nichts weiter als
dieses „wirkliche Bild der Natur“ in
Übereinstimmung zu bringen mit einem Bild,
das es bereits im Gehirn gibt, jedenfalls sieht
es ähnlich aus. Anders geht es garnicht.
Wir können im Gehirn nicht ein Bild erschaffen,
für das im Gehirn keine Grundlagen gibt.

>>Jedoch nur das, was da draußen in jedem Moment geschieht,
das ist das einzige mögliche vollständige Bild.
Es gibt kein anderes. Und dieses Bild kann man nicht
darstellen, aber man kann in ihm leben! Man kann es
erfahren.

>>Eure Netze und Texte werden dann zum Gerüst, das ihr euch
in eurem Gehirn neu erschaffen könnt, wenigstens,
wenn die genannten Grundlagen im Gehirn vorhanden
sind. Also ganz aus dem Nichts kann sich auch das sonst
 beste Gehirn kein ganz neuens Bild erschaffen.

>>Diese Netze und Texte, in denen ihr lebt, und die ihr ─ vielleicht ─
mit den Naturbeobachtungen in Übereinstimmung bringt,
bewegen sich weich und fließend innerhalb dieser Gerüste,
oder auch mal außerhalb. Mehr ist kaum zu
erreichen ─ wie ich das heute sehe.

>>Ich erwarte von euch nicht, daß ihr nun lauter Netze herstellt. Sie
sind die Grundlagen, um vieles zu verstehen. Das Verstehen und
Erfahren wird besser, wenn ihr die Netze habt und am
Ende wieder beiseite legt.


So vergehen lange Monate an solchen Vorbereitungen. Da prüfen wir die einzelnen Geräte, machen uns mit ihnen vertraut, messen mit ihnen und zeichnen viele Netze ─ zu erst nur probeweise, doch ohne damit das Estho erforschen zu wollen. Doch bald reizt dieses Tun uns zu immer mehr Messen und Zeichnen, und so entsteht das, was ich oben schon für die Gezeiten beschrieben habe: ein großes Bild des Estho.

In der Vorbereitungszeit ankern wir mit einem Schiff mehrere Male vor dem Hafen einen ganzen Tag, um unsere Methoden zu erproben, und merken: das Seil, an dessen Ende die Sammelflasche hängt, hängt nicht senkrecht nach unten sondern je nach der Strömung mehr oder weniger schräg, dadurch ist es nicht möglich, die Tiefe, in der die Flasche hängt (und aus der wir das Wasser nehmen wollen), sicher zu bestimmen. Ein schweres Gewicht an das Seil zu hängen, reicht nicht, da das Seil und der Kran nicht stark genug sind. Also basteln wir uns ein Gerät, das wir an das Seil anlegen und somit messen, wie der Winkel im Vergleich zur Senkrechten misst. Aus diesem Wert errechnen wir schnell die wirkliche Tiefe.



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